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DaMOst

Neuigkeiten - Archiv

01.08.2022

Auf die Bühne, fertig, los!

Die Bürgerbühne des Staatsschauspiels Dresden organisiert eine Hobby-Theatergruppe zum Thema ostdeutsche Migrationsgesellschaft, in Zusammenarbeit mit dem Team unseres Projekts "MigOst". Im Interview erzählt der verantwortliche Regisseur Anis Hamdoun von seinen bisherigen Projekten und gibt Einblicke, was die Teilnehmenden bei UN(D)SICHTBAR erwarten können.

Lieber Anis, du stammst aus Homs in Syrien, bist 2013 Jahre nach Osnabrück gekommen, lebst heute in Berlin und ab Januar 2023 leitest du „UN(D)SICHTBAR“, den B:Club der Bürgerbühne Dresden und von MigOst. Da kann jede*r mitmachen und ein halbes Jahr lang unter deiner Anleitung ein Stück zur ostdeutschen Migrationsgeschichte erarbeiten, das dann öffentlich aufgeführt wird. Hattest du selbst eigentlich schon Berührungspunkte mit der ostdeutschen Geschichte?

Noch nicht so viele. Aber als ich letztens auf dem Weimarer Theaterfest war, habe ich einen Mann kennengelernt, der war in der DDR Aktivist und zweieinhalb Jahre deswegen im Gefängnis. Ich hatte den Eindruck, dass das syrische und das DDR-Regime sehr ähnlich sind. Ist ja auch logisch, schließlich hat das syrische Regime viel von der DDR und der Sowjetunion übernommen, z.B. die Architektur. Die Geschichten, die meine Familie erzählt hat, ähneln jedenfalls sehr den Geschichten aus der DDR-Zeit: Demonstrationsverbot, oder nur wenige verschiedene Waren zur Auswahl zu haben. Die Foltermethoden hat das Assad-Regime aber eher von der Nazi-Zeit übernommen.
Ich würde mich aber auch freuen, mal mehr Positives über Ostdeutschland und die DDR zu erfahren. Ich höre meistens immer wieder von der Stasi und Rassismus und so. Aber einmal habe ich sagen hören, in der DDR seien die zwischenmenschlichen Beziehungen besser gewesen. Und eine befreundete Künstlerin meinte mal, in der DDR-Zeit hatten es Künstler leichter als heute. Das würde mich mal interessieren!

Dein Stück „The Trip“, das du am Theater Osnabrück inszeniert hast, hat sehr gute Kritiken bekommen und wurde auch ausgezeichnet. Darin hast du Kriegs- und Fluchterfahrungen thematisiert, oder?

Es ging eher um Revolution, Krieg und Ankommen.

Was denkst du, werden das auch Themen bei „UN(D)SICHTBAR“ sein?

Wenn Teilnehmende sich das wünschen, dann ja. Vielleicht vergebe ich Rechercheaufgaben und jeder schreibt ein kleines Stück. Dabei entstehen Sätze, die wir dann für die Schauspielübungen nutzen können, und wir können die einzelnen Stücke zu einem großen Stück zusammen fließen lassen. Das nennt sich „Stückentwicklung“; das habe ich so auch zuletzt in Dresden am Theater der Jungen Generation gemacht.

Du meinst die „theatrale Beruf(ung)sberatung“, die du im Juli am Theater der Jungen Generation in Dresden mit Jugendlichen inszeniert hast?

Ja genau. Bei UN(D)SICHTBAR rechne ich aber mit sehr viel weniger Theaterpädagogik und mehr Arbeit auf Augenhöhe. Schließlich sind das da dann Erwachsene. Denen muss ich nicht erzählen, was eine Recherche ist und wie das Leben läuft. Ich werde mich mehr auf die Aufgaben des Regisseurs konzentrieren und die Teilnehmenden selber die Inhalte kreieren lassen.

Hast du in der Vergangenheit auch schon mit erwachsenen Schauspiellaien gearbeitet?

Ja! Als ich zum ersten Mal mit Halbprofis und mit Laien zusammen auf der Bühne stand, da war ich elf (lacht).
In Deutschland habe ich 2014 in Osnabrück zwei Stücke mit Laien erarbeitet, den „Ostensibles“. Für beide Stücke haben wir jeweils sechs Monate zusammen gearbeitet. Ich weiß noch, die älteste Teilnehmerin war 80 Jahre alt! Das erste Stück, „The Picture of Dorian Gray“, habe ich noch per E-Mail aus Kairo begleitet. Ein oder zwei Wochen nach meiner Ankunft [in Deutschland] war dann die Proben.

Was willst du diesmal wieder genauso und was willst du anders machen?

Ich werde auf jeden Fall wieder jede Probe mit Schauspielübungen für Stimme und Bewegung anfangen; je nach Vorerfahrung der Teilnehmenden eine halbe Stunde oder mehr. Auch wichtig ist, wie die Stimmung in der Gruppe ist und ob sich Einzelne bereits kennen. Leute mit ähnlichen Kenntnissen werde ich wahrscheinlich in kleinen Mini-Gruppen zusammenfassen.

Hast du eine Botschaft an Leute, die noch unentschieden sind, ob sie bei UN(D)SICHTBAR mitmachen sollen?

Ich weiß, dass es ein bisschen Mut braucht, um auf eine Bühne zu gehen. Aber wenn wir das jetzt nicht machen, wer macht es dann? Wenn wir dieses Thema jetzt nicht bearbeiten, dann wird sich alles immer wieder wiederholen!

 

Mehr Informationen zu UN(D)SICHTBAR im Videoclip und auf der Internetseite des Staatsschauspiels Dresden >>> Anmeldungen sind noch bis zum 18. September per E-Mail an buergerbuehne@staatsschauspiel-dresden.de möglich.


Der B:Club UN(D)SICHTBAR ist eine Produktion mit "MigOst - Ostdeutsche Migrationsgesellschaft selbst erzählen", dem Gemeinschaftsprojekt von DaMOst mit dem Zentrum für Integrationsstudien der TU Dresden und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Mehr erfahren Sie über Inhalte, Förder*innen und Partner*innen hier >>>

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