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07.11.2022
Demokratiefördergesetz: Unsere Forderungen
Wie viele Vereine begrüßt auch DaMOst e.V. das Vorhaben der Bundesregierung, ein Gesetz zur Förderung der Demokratie ins Leben zu rufen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) haben nun gemeinsam einen „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltsgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung" fertig gestellt. Allerdings gibt es an diesem Entwurf noch einiges zu verbessern.
Verbindliche Regelung für die Beteiligung der Zivilgesellschaft
Als Teil der (post-)migrantischen Zivilgesellschaft in Ostdeutschland wünscht sich DaMOst e.V. eine verbindliche Regelung und Definition, wie Akteur*innen der Zivilgesellschaft bei der Vielfaltsgestaltung und Demokratieförderung beteiligt werden. Hierfür sollte das Prinzip der Subsidiarität stärker hervorgehoben und die Kooperationsformen von Staat und Zivilgesellschaft konkretisiert werden.
Neue Bundesländer stärker fördern
Einen Handlungsbedarf sieht der Dachverband insbesondere im Bereich der Finanzierung (§6 DFördG), weil dieser Paragraf bisher nur sehr unpräzise Formulierungen diesbezüglich beinhaltet. Für ihre Arbeit benötigen Migrant*innenorganisationen vor allem eine langfristige Finanzierung, um nachhaltige Perspektiven für Träger*innen sowie Strukturen zu schaffen und wünschen uns, dass die Migrationsgesellschaft bei der Förderung repräsentativ abgebildet wird.
Dementsprechend schließt sich DaMOst e.V. der Stellungnahme der „Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen“ (BKMO) an, welche fordert, dass 25% der Gelder (post-)migrantischen Organisationen zukommen sollten. So könnte im Weiteren auch die Vielfalt der Akteur*innen innerhalb der Zivilgesellschaft entsprechend einer Migrationsgesellschaft gefördert werden, welche unserer Erfahrung nach speziell in Ostdeutschland oft eine geringe Repräsentation von (post-)migrantischen Menschen aufweisen.
Dieses Defizit sollte nicht dazu führen, weniger finanzielle Mittel für Demokratieförderung bereitzustellen. Im Gegenteil: Besonders in den ostdeutschen Bundesländern besteht ein wesentlicher Nachholbedarf beim Verständnis von Demokratie. Für DaMOst e.V. nimmt Vielfaltsgestaltung eine wichtige Rolle bei Demokratieförderung ein.
Probleme beim Namen nennen
Im bisherigen Entwurf des Demokratiefördergesetzes fehlen grundlegende Begriffe aus dem Bereich der Vielfaltsgestaltung und Demokratieförderung. Stattdessen wird von „jeglicher Form von Extremismus“ gesprochen.
Die sogenannte „Extremismus-Theorie“ als auch die Nutzung des Begriffs „Extremismus“ ist vor allem aus sozialwissenschaftlicher Perspektive sehr stark umstritten und oft von geringem Nutzen, weil diese eine differenzierte Sichtweise auf die komplexe Wirklichkeit gesellschaftlicher sowie politischer Sachverhalte verhindert. Wer Extremismus als Gegenteil zur Demokratie versteht, der ignoriert, dass rassistische, antisemitische und rechte Einstellungen auch in der sogenannten „bürgerlichen Mitte“ einer demokratischen Gesellschaft existieren können.
DaMOst e.V. sieht daher bei der Formulierung im aktuellen Entwurf des Demokratiefördergesetzes das Risiko, solche Tendenzen – insbesondere mit Blick auf das Erstarken rechtspopulistischer Parteien, neofaschistischer Bewegungen sowie völkischer und nationalistischer Ideologien – zu einem Phänomen am „Rande der Gesellschaft“ zu erklären und somit zu verharmlosen. Dementsprechend plädieren wir für die Streichung von „(jegliche Form des) Extremismus“. Viel sinnvoller ist die Benennung von konkreten Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel „Rassismus“, „Antisemitismus“ oder „Demokratiefeindlichkeit“.
Ebenfalls verbesserungswürdig ist der Abschnitt zur Opfer-/ Betroffenenberatung (§2 Nr. 7 DFördG). Die Bezeichnung „politisch und ideologisch motivierte Gewalt“ sollte ersetzt werden, weil diese mitunter die Auswirkungen von Alltagsrassismus für betroffene Menschen unterschätzt. Gleichzeitig suggerieren diese Begriffe in einer bestimmten Art und Weise, dass rassistische oder antisemitische Gewalt lediglich von organisierten rechten Akteur*innen ausgeht. Dabei sind es oft rassistische Stigmatisierungen im Alltag, die den Nährboden für gewalttätige An- und Übergriffe bilden. So sollte an dieser Stelle von „gruppenbezogener, menschenfeindlicher Gewalt“ gesprochen werden.
DaMOst e.V. ist einer von knapp 200 Vereinen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die an dem Entstehungsprozess des Demokratiefördergesetzes beteiligt sind. Seine Kritik am aktuellen Referentenentwurf hat der Dachverband am 2.11.2022 an die zuständigen Minsiterien kommuniziert.